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Bordbericht vom 07.12. - ... erst hatten sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu....

und manchmal kommt eben alles zusammen

Die Bordweisen in Konferenz

Der gestrige Tag begann leider nur mit mittleren Winden um 10kn aus 100 Grad. Gegen Mittag fuhren wir mit drehendem Wind die Halse und gingen auf direkten Kurs Grenada. Im Zusammenhang mit der weiterhin stehenden Welle, ist das sehr schwer zu steuern, will man vermeiden, dass der Spinnaker ständig einfällt. Überhaupt, bekamen wir das Schiff gestern nicht recht "in Gang" - es wollte irgendwie nicht! Trotz aktivem Segelns - irgenwie lief es nicht. Mit Einbruch der Dunkelheit wurde der Wind noch unbeständiger. Wiederkehrende Boen mit 20kn Windgeschwindigkeit und 30Grad Winddrehern und danach wieder runter auf 10kn. Dazu pottendunkel, weil sich der Mond erst gegen 21.30 zeigte.

Plötzlich tauchte vor uns ein Licht auf. Ein bisschen gesprennstisch, hier so mitten auf dem Atlantik. Mit Hilfe des AIS-Trackers (Schiffsidentifikations-Medium via Funk) konnten wir erkennen, dass es sich um ein grosses Fischfangschiff handelt. Dies lief nur mit halber Geschwindigkeit aber in eben dieselbe Richtung wie wir. Wir änderten sofort unseren Kurs, um uns davon fern zu halten. Aber eigentlich haben wir in diesem Moment schon gewusst, dass der seit Wochen gelangweilte Trawler-Kapitän, nun das unter Hochseefischern allseits beliebte und bekannte "Segelboot-Foppen" spielen würde. Das funktioniert so: Der Kapitän wartet solange, bis er erkennt, wie die Yacht ausweichen will (er hat ja auch AIS und kann aus dem Fenster gucken) und welchen Kurs sie nimmt. Danach passt er seinen eigenen Kurs so an (in diesem Fall Kursänderung um 70 Grad), dass sich auf alle Fälle eine Kollision ergeben würde. Dies vor allem im Wissen darauf, dass der Segler angesichts der hinten hängenden Fangnetze, nicht allzu dicht hinter dem Trawler hersegeln kann. Das macht den Segler schön nervös und den Trawler-Kapitän glücklich, weil er mal was "Lustiges" an diesem öden Tag erlebt hat.

Was also tun? Schlussendlich mussten "all hands on deck" und unsere Crew zwecks zweier Halsen aus den Schlaf gerissen werden. Es ist schlussendlich alles gut gegangen aber sauer bist du trotzdem, insbesondere auch deshalb, weil sich mitten in diesem Manöver, und völlig grundlos, meine Automatik-Schwimmweste aktiviert und aufgeblasen hat. So ein Balon um deinen Hals, macht sich in diesen Momenten irgendwie nicht so gut.

Unterdessen ist uns nur unterschwellig aufgefallen, dass unser Ruder inzwischen merkwürdige Vibrationen aufweist. Hinzu kommt, dass wir seit ein paar Stunden Algenfelder durchfahren, die unsere Spinnaker-Beleuchtung beim Vorbeifahren indirekt beleuchten. Ein etwas unwirkliches Bild.

Schnell wird klar, dass wir eine grosse Menge Seetank am Ruder hängen haben müssen. Und das muss im Laufe des Tages immer mehr geworden sein. Also erneut: Was tun? Tja, wieder die Freiwache an Deck holen. Tiefschlafverknitterte Gesichter stehen bereit zum Manöver. Spinnaker bergen und dann mit backstehendem Grosssegel (via Bullentalje) gegen den Wind rückwärts segeln. Aber auch das Manöver ist uns gut gelungen und wir konnten die Algen abschütteln. Seitdem fährt das Schiff auch wieder. Allerdings haben unsere Konkurrenten ihren Abstand zu uns in dieser Nacht weiter vergrösseren können und so ist heute die Stimmung ein wenig gedrückt.

Aber es sind noch 1000 sm "to go" und wenn man der Wettervorhersage Glauben schenken will, dann wird allen Teilnehmern noch kurz vor Grenada der Wind abgestellt. Eingentlich ein wenig "unfair" aber so ist Ozean-Segeln. Die Karten könnten also noch in jeder Weise neu gemischt werden...wer weiss das schon..?

Wir werden heute dazu vielleicht mal unsere Bordweisen befragen - siehe Foto (hihihi)

Es grüssen Euch ganz herzlich

die Crew von Bord der „Broader View Hamburg“