Unverhofft nach Marstal
Auch wenn's offiziell erst am Samstag losgeht, beginnt die Reise gefühlt ja schon immer auf dem Weg nach Kiel. Also rein ins Auto und schon mal an das Aufeinander-hocken gewöhnen - was Platz angeht, ist die Brovie dagegen reinster Luxus.
In Kiel angekommen, wird sich zunächst ein Überblick über die letzten kleinen alten und neuen Winterarbeits-ToDos gemacht und parallel eingestaut. Unter anderem wird der Kühlschrank erst repariert und dann eingestaut, draußen werden die letzten Rumpfarbeiten in Angriff genommen. Währenddessen kommt die zweite Hälfte der Crew an und wir nähern uns fast vollständig dem Abendessen: Nudeln mit dreierlei Pesto - dank gut geplantem Einkauf mit frischen Tomaten und Rucola. Abends wird dann die Frage aller Fragen gestellt “Wo soll's hingehen?” Schnell ist man bei Dänemark und da am ehesten nach Marstal. Alle sind dafür, nur die ToDo-Liste und die Windvorhersage (oder vielleicht passender Flautenvorhersage) lassen doch Zweifel aufkommen, ob das Ziel nicht zu hoch gesteckt ist. Schließlich hat auch niemand Lust, den Tag über nur zu motoren.
Am nächsten Morgen kommt unser letztes Crewmitglied an und auch die letzten Arbeiten können noch vor dem Frühstück abgeschlossen werden. Derweil wird Hoffnung auf Wind ab Kiel-Leuchturm verbreitet und los geht's.
Die Innenförde weiß leider aber noch nichts von dem angekündigten Wind und so wechseln wir fleißig zwischen G1, A3 und der Dieselfock. Selbst Eckernförde rückt als Ziel in weite Ferne. Sobald die ersten Flautenlöcher überwunden sind, bewahrheitet sich aber die Wettervorhersage und wir segeln bei strahlend blauem Himmel Richtung Norden. “Erstmal rausfahren und gucken, dass wir schön segeln können. Ziel finden wir dann”, ist die Ansage.
Also weitersegeln und schonmal unten gucken, was die neu laminierten Schabs denn so an Proviant hergeben. Sobald das Thema einmal erwähnt ist, kommt Appetit auf und es werden Hot Dogs unter Deck vorbereitet. Mittlerweile ist auch so viel Wind, dass die richtige - weil windbeständigste - Beleg-Reihenfolge derselbigen ein Thema wird. Irgendwann jetzt muss auch die Erkenntnis gefallen sein, dass Marstal doch ein sehr erreichbares Ziel ist und man schätzt die Ankunftszeit auf 18:30 Uhr, fühlt sich dabei aber etwas optimistisch. Ob der Wind wohl so beständig bleibt?
Während wir durchs strahlende Blau segeln, bekommen wir von einigen Schweinswalen Gesellschaft, die sich irgendwann bis direkt an unser Heck heran trauen und um das Schiff spielen.
Nahezu Punkt 18:30 Uhr festgemacht ist der erste Programmpunkt standesgemäß ein Softeis verbunden mit einem kleinen Hafenspaziergang. Da Marstal für viele irgendwann schon mal mit der Familie oder anderen Schiffen besucht worden ist, werden unweigerlich an jeder Ecke Erinnerungen wach und die besten Geschichten ausgetauscht.
Zurück am Boot steht als nächstes die Vorbereitung des Abendessens auf dem Plan. Kartoffeln werden geschält, Tomaten geschnitten und Burger-Patties zubereitet. Während wir so fröhlich vor uns hin arbeiten, kommt der Traditionssegler Pippi Lotta in den Hafen und wir werden Zeuge vom üblichen Liege-Platz Tetris. Nicht ganz unbeeindruckt oder zumindest erstaunt von den Manövern der Pippi Lotta, tauschen wir uns mit der Crew eines anderen Traditionsseglers über das Segeln im Allgemeinen und die Liegeplätze im Speziellen aus. Kurz danach können wir dann Burger essen. Bei Gin Tonic und allerlei Gesprächen klingt der Abend aus. Man einigt sich noch auf ein Auslaufen um 10:00 Uhr und fällt zufrieden in die Kojen.
Sonntag früh, wobei früh hier eindeutig nicht alle gleich empfinden, geht's mit Kaffee und guter Laune raus auf die Ostsee. Für heute ist ein bisschen mehr Wind als gestern vorhergesagt und so müssen sich alle erstmal rund ums Frühstück unterwegs wieder an die Schaukelei gewöhnen. Durch das rechtzeitige Auslaufen schaffen wir einen Anlieger Richtung Kiel, bevor der Wind dann in der Kieler Förde gegen uns drehen soll. Bis dahin ist es aber noch ein Stück hin und wir verarbeiten die Reste der Kartoffeln zu Pommes Schranke auf dem Stollergrund. Der Stimmung nach müsste dafür eigentlich ein Michelin-Stern vergeben werden. Leider holt uns danach der zweite Teil der Wettervorhersage mit Wind genau gegenan und unregelmäßigen Schauern aus Hagel und Regen ein. Aber nach so einem Wochenende lassen wir uns auch davon nicht unterkriegen und segeln mit den Feederschiffen unter ständigen Wenden die Förde hoch. Kurz vor Düsternbrook hat die Kreuz ein Ende und es werden die Segel geborgen: Wir sind wieder im Heimathafen. Heute haben wir unsere geplante Ankunftszeit sogar deutlich unterboten, schwer vorstellbar, wenn man an die Windvorhersage vom Freitag zurück denkt. Nach dem üblichen Bootsputz, bei dem auch die letzte Baustelle fertiggestellt wird, geht's für alle nach Hause und ein wunderbares Wochenende findet sein Ende.